Computereinsatz im Arithmetikunterricht der Grundschule – Theoretische Grundlegung und empirische Forschung zum Üben mit Lernsoftware


Nicole Harrass (2007): Computereinsatz im Arithmetikunterricht der Grundschule – Theoretische Grundlegung und empirische Forschung zum Üben mit Lernsoftware. Dissertation, Universität Bielefeld.
Begutachtet durch Petra Scherer und Günter Graumann.
Tag der mündlichen Prüfung: 16.07.2007.

Zusammenfassung

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden die Einsatzmöglichkeiten des Computers im Arithmetikunterricht der Grundschule unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert, um Möglichkeiten für einen verantwortungsvollen, bewussten und reflektierten Einsatz von Lernsoftware im Unterricht aufzuzeigen. Im Zentrum der Analyse steht Lernsoftware, die zum Üben im Unterricht genutzt werden kann.

Zunächst werden hierzu die aktuellen Rahmenbedingungen zum Computereinsatz in der Grundschule untersucht. Die detaillierte Betrachtung der gegenwärtigen Hardware- und Softwarebedingungen, des fachdidaktischen Diskussionsstandes sowie den Vorkenntnissen und Erfahrungen der Lehrkräfte und Schüler deckt mehrere Problemfelder auf. Einerseits ist ein verbessertes Softwareangebot für die Grundschule notwendig (vgl. Krauthausen 2005, 31), andererseits scheint eine detaillierte Prüfung aktueller Lernsoftware erforderlich. Desweiteren zeigt sich auf Seiten der Lehrkräfte ein deutlicher Fortbildungsbedarf in Bezug auf die Unterrichtsgestaltung zum Computereinsatz.

Unter Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen und aktueller fachdidaktischer Unterrichtskonzepte, erfolgen Überlegungen zum sinnvollen Einsatz von Programmen zum Üben im Arithmetikunterricht. Insbesondere wird versucht, sinnvolle Alternativen zu gegenwärtigen Problembereichen des Computereinsatzes aufzuzeigen. Im Mittelpunkt steht dabei die theoretische Analyse von Lernsoftware und ihren Einsatzmöglichkeiten im Unterricht. Es ergeben sich Prüfkriterien zum Übungstyp, zu den Möglichkeiten der Differenzierung, dem Umgang mit Fehlern und Lernschwierigkeiten, der Verwendung von Veranschaulichungen und den angebotenen Motivationsanreizen. Herausgestellt wird darüber hinaus, dass der reflektierte Umgang mit dem Computer fachliche, fachdidaktische und medienspezifische Kompetenzen von Lehrkräften erfordert.

Neben den theoretischen Überlegungen zum sinnvollen Einsatz von Lernsoftware im Arithmetikunterricht besteht das wesentliche Anliegen der vorliegenden Arbeit darin, die Qualität und Funktionalität von Lernsoftware in der Praxis zu prüfen. Eine empirische Studie untersucht, welche Faktoren den Lern- und Arbeitsprozess von Drittklässlern beim Üben mit ausgewählter Lernsoftware beeinflussen. Es werden vier verschiedene Übungen getestet, die jeweils 15 Schüler am Computer bearbeiten. Bei der Auswahl wurde darauf geachtet, dass die Übungen inhaltlich für ein 3. Schuljahr angemessen sind. Außerdem sollten sich die Übungen möglichst unterscheiden, z. B. in Bezug auf den Übungstyp. Aus dem Programm ›Blitzrechnen‹ (Krauthausen 1997/98) werden die Übungen ›Wie viele?‹ und ›Zählen in Schritten‹ eingesetzt, aus dem Programm ›Lernwerkstatt‹ (Zur Linde 2002) die Übungen ›Zahlenmauern‹ und ›Würfelrechnen‹.

Videoaufzeichnungen zeigen, wie die Drittklässler im Umgang mit den ausgewählten Übungen am Computer arbeiten. Verschiedene Interviews liefern zusätzliche Informationen über die Vorerfahrungen und Arbeitsweisen der Schüler u. a. auch außerhalb der Computerumgebung. Zur Analyse der Schülerdokumente werden die Auswertungsverfahren der Kategorienbildung und vertiefenden Fallinterpretation miteinander kombiniert.

Die Arbeit dokumentiert die Bedingungsfaktoren, die sich im Umgang mit den ausgewählten Übungen am Computer als zentral herausstellten. Es zeigen sich Kategorien, die spezifisch für einzelne Übungen sind, wie die Aufgabenauswahl, die Lösungsstrategien sowie Fehler und Schwierigkeiten. Die Faktoren, die bei mehreren Übungen vorkommen, werden vergleichend analysiert. Einfluss auf den Übungsverlauf können die Bedienung des Programms, die Fehlerrückmeldung des Programms, die Motivation durch das Programm und die Veranschaulichungen innerhalb des Programms nehmen. Die Vorgehensweisen der Schüler werden im Rahmen detaillierter Fallanalysen zu jedem Aspekt vertiefend ausgewertet und didaktische Konsequenzen werden hieraus abgeleitet. Zusammenfassend können zu den beobachteten Vorgehensweisen der Schüler zentrale Handlungsmuster im Umgang mit den ausgewählten Übungen am Computer dargestellt werden.

Insgesamt sind die Übungsverläufe der Schüler nicht generell verschieden vom Üben außerhalb der Computerumgebung. Bei der Organisation der Lernprozesse müssen deshalb bereits gültige Anforderungen an einen ›guten‹ Unterricht bestehen bleiben. Die Untersuchungsergebnisse können darüber hinaus für Problemfelder sensibilisieren, die für den Einsatz dieses Mediums spezifisch sind.


Kontext

Literatur

  • Krauthausen, G. (1997/98). Blitzrechnen. Kopfrechnen im 1. und 2. Schuljahr & Kopfrechnen im 3. und 4. Schuljahr. Leipzig: Klett
  • Krauthausen, G. (2005). Computer im Mathematikunterricht der Grundschule – Ernüchterung eingekehrt? In: Graumann, G.. Beiträge zum Mathematikunterricht, S. 25–32. Franzbecker: Hildesheim
  • Zur Linde, R. (2002). Lernwerkstatt, Version 5.0. Mühlacker: Medienwerkstatt