Kurvendiskussion

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Die Kurvendiskussion ist ein zentraler Bestandteil des Analysisunterrichts in der Sekundarstufe II. Sie beschäftigt sich unter anderem mit der Untersuchung von Eigenschaften wie Monotonie, Stetigkeit oder globalen und lokalen Extrema einer Funktion. Die Kurvendiskussion ist dabei einem stetigen Wandel, unter Berücksichtigung verschiedener Anforderungen und Bedürfnisse unterworfen.

Einige Mathematikdidaktiker sprechen bei der Kurvendiskussion von einer traditionellen und einer „geöffneten“ Kurvendiskussion. Um diese Charakterisierung zu verstehen, ist es notwendig, zunächst den Begriff der traditionellen Kurvendiskussion zu klären.

Traditionelle Kurvendiskussion

Die traditionelle Kurvendiskussion umfasst die Teile der Kurvendiskussion, wie sie vielerorts im Abitur abgefragt wird und wie sie vor dem Einfluss von grafikfähigen Taschenrechnern und CA-Systemen erfolgte. Im Allgemeinen läuft diese Kurvendiskussion so ab, dass eine Funktion oder eine Funktionenschar gegeben ist und daran einige Untersuchungen erfolgen sollen. Typischerweise werden zunächst diese Eigenschaften untersucht:

  • Definitions- und Wertebereich
  • Nullstellen
  • Asymptoten/Unstetigkeitsstellen
  • Monotonie
  • Symmetrie
  • Minima und Maxima
  • Wendepunkte
  • (Flächeninhalt und Stammfunktion)

Weitergehend schließen sich dann andere weitergehende Aufgaben an. Bei Funktionenscharen kann dies zum Beispiel die Ortskurve der Schnittpunkte sein.

Beispiel einer traditionellen Kurvendiskussion[1]

Gegeben sei die Kurvenschar   (a>0) mit:

  mit  

a) Diskutiere   (Symmetrie, Asymptoten, Nullstellen, Hoch- und Tiefpunkte, Wendepunkte). Zeichne für a=0,25 die Graphen von   und   in dasselbe Koordinatensystem (Intervall [-4;4], 1 LE = 2 cm).

b) Man bestimme die Koordinaten des Schnittpunktes   der Graphen von   und  . Welche Gleichung und welchen Definitionsbereich hat die Ortskurve aller Punkte  ? Mithilfe dieser untersuchten Eigenschaften kann man die Funktion relativ genau beschreiben und auch zeichnen. Dies ist auch eine maßgebliche Funktion der klassischen Kurvendiskussion. In Zeiten von grafikfähigen Taschenrechnern und CA-Systemen muss man eine solche Kurvendiskussion sicherlich hinterfragen, da es weitaus einfachere Methoden gibt, um sich ein Bild einer Funktion zu machen.

-> siehe auch: Kurvendiskussion mit CAS

Kritik an der traditionellen Kurvendiskussion

Das Hinterfragen des Sinns einer Kurvendiskussion geht mit einer kritischen Auseinandersetzung und einem Wandel selbiger einher. Die Kritik an diesen Aufgaben ist vielfältig, stellvertretend hierfür seien einige Kritiken ausgeführt:

  • Die Kurvendiskussion sei ausschließlich die Anwendung eines Kalküls und biete keinerlei Platz für Kreativität und eigene Ansätze.
  • Der Kurvendiskussion fehle die Anwendungsorientierung
  • Die „Diskussion“ finde nicht wirklich statt, eher sei es ein schematisches Abarbeiten eines Kalküls.
  • Es fehle an der Arbeit mit der Anschauung zu Extremwerten und der Anschauung der Ableitungen[2]
  • Durch eine Kurvendiskussion werde nichts inhaltliches neu erschlossen, sondern sei nur ein mechanisches abarbeiten eines Kalküls [2]

Öffnung der Kurvendiskussion

Zur Öffnung der Kurvendiskussion kann man mehrere Methoden anwenden[1]:

  • Verstärkung qualitativer Analysis (Einsatz nicht so stark algorithmischer Bestandteile)
  • stärkere Anwendungsorientierung
  • variable Aufgabenkultur

An dieser Stelle muss man natürlich beachten, welche Hilfsmittel (grafikfähige Taschenrechner, CA-Systeme) die Schüler besitzen, um die Aufgaben entsprechend auszuwählen.

Veränderte Aufgabenkultur[1]

Eine Möglichkeit ist, die Aufgabenkultur zu variieren und damit die Anforderungen zu verändern.

a) Man kann in dem Beispiel einen Plot vorgeben und daraus den Parameter a bestimmen.

b) Man kann fragen, ob es ein a gibt, sodass ein Wendepunkt in (1;1) liegt.

c) Man kann fragen, für welche Werte von a sich   und   schneiden und wo diese Punkte liegen

d) Man begründe, dass der Graph von   punktsymmetrisch zum Ursprung ist.

Anwendungsorientierung[1]

Anwendungsorientierung ist an dieser Stelle ein kompliziertes Feld, da man beachten muss, welche Fähigkeiten die Schülerinnen und Schüler besitzen. Daher bieten sich an dieser Stelle vor allem Extremwertaufgaben als Optimierungsprobleme an. Beispielsweise kann man untersuchen, ob eine gewählte Verpackung für diese Geometrie möglichst Material sparend verpackt ist. So kann man untersuchen, ob bei gegebenen Volumen V eine quadratische Milchverpackung auch mit dem geringstmöglichen Material verpackt wurde. Dazu kann man untersuchen, ob der Flächeninhalt (Material) zu der Nebenbedingung Volumen = 1 l minimal ist.

Qualitative Analysis[1]

Hierzu bietet es sich an, über den Begriff einer Kurve zu reden und diesen phänomenologisch neu zu fassen. So könnte man zum Beispiel dazu übergehen, dass man eine Bewegung eines Punktes auf einem Kreis bei einer kreisförmigen Bewegung des Kreises untersucht. Dies bietet sich eher nicht für Tests oder Klausuren an, kann den Schülerinnen und Schülern unter Anleitung aber zeigen, was man mit den vorhandenen Mitteln erreichen kann.

Quellen

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Danckwerts/Vogel:Analysis verständlich unterrichten, 1.Auflage 2006, Springer Verlag Berlin-Heidelberg
  2. 2,0 2,1 Hahn, Prediger: Vorstellungsorientierte Kurvendiskussion – Ein Plädoyer für das Qualitative; in Beiträge zum MU 2004, Franzbecker, Hildesheim, S. 217-220


Der Beitrag kann wie folgt zitiert werden:
Madipedia (2013): Kurvendiskussion. Version vom 22.04.2013. In: madipedia. URL: http://madipedia.de/index.php?title=Kurvendiskussion&oldid=10237.