Folgen sind integraler Bestandteil jedes Mathematiklehrgangs. Als Aufzählung von Objekten in bestimmter Reihenfolge findet man sie bereits in der Grundschule.

In der Sekundarstufe I können u.a. diskrete Zuordnungen (Monat-Temperatur, Jahr-Weltbevölkerung, Alter-Größe,...) oder Funktionen mit dem Definitionsbereich (funktionaler Aspekt) untersucht werden. Weiterhin werden Eigenschaften spezieller Folgen (arithmetische, geometrische, quadratische,...) betrachtet.

In der Sekundarstufe II bieten sich Folgen als Werkzeug zum Begreifen unendlicher Prozesse und des Grenzwertbegriffs an. Dynamische Systeme können untersucht bzw. modelliert werden, wobei ein verstärkter Computereinsatz sinnvoll scheint.

Definition[1]

Folgen lassen sich als Abbildung von   in eine Menge   auffassen. Dabei kann man Zahlen-, Punkt-, Strecken- und Intervallfolgen unterscheiden. Es gibt endliche und unendliche Folgen. Sie können auf verschiedene Arten definiert werden:

funktionale Definition
Hierbei wird jedes Folgenglied durch einen funktionalen Zusammenhang über den natürlichen Zahlen angegeben:
 

z.B. Folge der Quadratzahlen
 .

rekursive Definition
Jedes Folgenglied wird über einen eindeutigen funktionalen Zusammenhang zu seinen Vorgängern dargestellt (Rekursion):
 ,

z.B. Fibonacci-Folge
Fehler beim Parsen (Unbekannte Funktion „\begin{eqnarray}“): {\displaystyle \begin{eqnarray} a_n&=&a_{n-2}+a_{n-1},\\ a_0&=&0,\\ a_1&=&1. \end{eqnarray}}

Es wird im Zusammenhang mit rekursiven Folgen auch von der iterativen Sichtweise gesprochen, da ein enger Zusammenhang mit der Beweisidee der vollständigen Induktion besteht.

Aufzählungsaspekt
Man gibt charakteristische (definierende) Eigenschaften der Folge an, z.B. Quadratzahlen in aufsteigender Reihenfolge. Bei dieser Art der Folgendefinition werden die Glieder endlich aufgezählt und dann beliebig nach der erkannten oder bekannten Struktur fortgesetzt. Der Aufzählungsaspekt entspricht der intuitiven Vorstellung einer Folge.

z.B. Folge der natürlichen Zahlen (mit 0),
 

Diskretisierungsaspekt[2]
Dieser Aspekt ergibt sich bei der Zerlegung zusammenhängender Mengen. So kann z.B. eine auf einem Intervall   definierte Funktion auf Teilintervallen linear approximiert werden. Es ergibt sich dann eine Folge von Teilintervallen   mit den dazugehörigen Funktionswerten  . Auch beim Einbeschreiben eines Streckenzuges zur Berechnung der Bogenlänge oder der Berechnung des bestimmten Integrals mit Näherungssummen treten solche Diskretisierungen auf. Sie stehen also unter anderem im engen Zusammmenhang mit dem Problem der Inhaltsbestimmung.

z.B. Intervallschachtelung
Fehler beim Parsen (Unbekannte Funktion „\begin{eqnarray}“): {\displaystyle \begin{eqnarray} a_{n+1}&\geq&a_n; \forall n,\\ b_{n+1}&\leq&b_n; \forall n,\\ a_n&\leq&b_n; \forall n,\\ \lim\limits_{n\to\infty}\left(b_n-a_n\right)&=&0\\ J_n&=&[a_{n},b_{n}],\\ \end{eqnarray}}

mit der Eigenschaft, dass -wenn   rationale oder reele Zahlenfolgen sind- es genau eine reele Zahl   gibt, die in allen Intervallen   enthalten ist. Das Verfahren der Bisektion basiert auf dem Prinzip der Intervallschachtelung.

Anwendungen[1]

Folgen können in der Mathematik (und im Unterricht) unter verschiedensten Blickwinkeln betrachtet werden:

Beispiele

Arithmetische Folgen
Bei arithmetischen Folgen (erster Ordnung) bleibt die Differenz benachbarter Folgenglieder konstant:  
Sie lassen sich rekursiv darstellen:   Durch sukzessives Einsetzen der Vorgängerglieder erhält man eine funktionale Darstellung:  
Die Bezeichnung "arithmetisch" leitet sich davon ab, dass von drei benachbarten Gliedern einer arithmetischen Folge das mittlere immer das arithmetische Mittel der beiden benachbarten Glieder ist:  

Zusammenhang mit Unendlichkeit

Zusammenhang mit Grenzwert

Geschichte (Sichtweisen) des Folgenbegriffs[1]

Vorgriechische Mathematik
Folgen erscheinen als Auflistung, Aufreihung oder Aufzählung von endlich vielen Symbolen oder Zahlen. Eine Folge wird in Form von Tafeln oder Tabellen dargestellt. So treten bei den Babyloniern Zahlenfolgen in Form von Multiplikationstabellen und Tabellen zur Mondrechnung auf.

Griechische Mathematik
In der griechischen Mathematik ist der Folgenbegriff eng mit Vorstellungen über das Unendliche verbunden. Aristoteles verbindet den Unendlichkeitsbegriff mit der Möglichkeit eines unendlichen Prozesses (Begriff des potentiell Unendlichen). Bei der 'Quadratur der Parabel' tritt bei Archimedes die iterative Sichtweise bei der einer Parabel einbeschriebenen Dreiecksflächenfolge auf, und es stellt sich erstmals das Problem der Summation einer unendlichen geometrischen Reihe.

Beginn der Neuzeit
Die Summation unendlicher Reihen bildet dann auch zu Beginn der Neuzeit den Ausgangspunkt für Grenzwertüberlegungen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts sind mit dem Grenzwertbegriff zum einen dynamische oder kinematische Vorstellungen verbunden (Newton, d'Alembert), zum anderen Vorstellungen von 'unendlich kleinen Größen' (Euler, Leibniz). Um die beliebige Fortsetzbarkeit einer Folge explizit beschreiben zu können, geht bei Gauss der Aufzählungsaspekt einer Folge in die funktionale Sichtweise über. In Cauchy's Lehrbuch 'Cours d'Analyse' von 1821 wird dann der Grenzwertbegriff zu einem Grundbegriff der Analysis, den Cauchy wiederum in dynamischer Weise mit Hilfe des Folgenbegriffs erklärt.
Die Lösung des Grenzwertbegriffs von dynamischen Vorstellungen erfolgt dann durch Weierstraß, indem er den Folgengrenzwert mit Hilfe der  -Bedingung definiert.

20. Jahrhundert
Neue Aktualität erlangte der Folgenbegriff durch die Möglichkeit des maschinellen Rechnens. Im Zusammenhang mit der Formalisierung der Mathematik und insbesondere mit der Präzisierung des Algorithmenbegriffs erlangen endliche Folgen an Bedeutung. Schließlich ist der Folgenbegriff die zentrale Grundlage der Diskreten Mathematik.

Geschichte des Folgenbegriffs im Mathematikunterricht[1]

1905-1960

Mit der Meraner Konferenz (1905) kam die Infinitesimalrechnung in den Mathematikunterricht der Gymnasien, und damit erlangt auch der Folgenbegriff als eigenständiger Begriff zur Vorbereitung des Grenzwertbegriffs an Bedeutung. In der erste Hälfte des Jahrhunderts waren Folgen Hilfsmittel zum Verständnis eines vereinfachten Grenzwertbegriffs

60er Jahre

In den 60er Jahren wird die Analysis dann in enger Anlehnung an die Hochschulmathematik entwickelt. Eine ausführliche Behandlung des Folgenbegriffs bildet jetzt die Grundlage des Grenzwertbegriffs

70er Jahre

Der Zugang zur Analysis über den Folgengrenzwert und damit über ein zu langes 'Vorbaukapitel' Folgen wird verschiedentlich heftig kritisiert (Pickert 1962). Zu Beginn der 70er Jahre verstärken sich diese Einwände und wird weiterhin kritisiert, daß die Schulanalysis 'zu spät' zu wesentlichen Anwendungsbeispielen vordringt. Aufbauend auf dem Konzept von E. Artin und S. Lang wird eine Konzeptionen zum 'intuitiven' Grenzwertbegriff erarbeitet (vor allem Blum u. Kirsch 1979). Hierbei wird bereits zu Beginn des Analysiskurses mit reellen Funktionen gearbeitet, der Ableitungsbegriff wird auf der Grundlage eines 'intuitiven' Grenzwertbegriffs im Sinne von "kommt dem Wert ... beliebig nahe", "unterscheidet sich von ... beliebig wenig" eingeführt. Eine Präzisierung - auch mit Hilfe des Folgenbegriffs - erfolgt dann in einem fortgeschritten Stadium der Begriffsbildung.

80er Jahre

Zu Beginn der 80er Jahre wird diese Idee vor allem in Schulbüchern immer mehr aufgegriffen (etwa Baierlein 1979). Dabei ist dann häufig zu beobachten, daß der Folgenbegriff im Mathematikunterricht überhaupt nicht mehr behandelt wird.

90er Jahre

In neuerer Zeit gewinnen im Zusammenhang mit dem Computereinsatz im Unterricht diskrete Prozesse und Verfahren und damit auch Folgen an Bedeutung. So wird in den derzeit überall in Amerika intensiv diskutierten NCTM-Standards (1989) neuen Technologien eine große Bedeutung beigemessen, und es wird eine stärkere Betonung diskreter Mathematik gefordert: "Sequences and series ... should receive more attention, with a greater emphasis on their descriptions in terms of recurrence relations." (NCTM Standards 1989, 9-12, S.177).

Literatur zur Didaktik[1]

Zur Geschichte des Begriffs im Mathematikunterricht

  • Artin, E.: A Freshmen Honors Course in Calculus and Analystic Geometry. Virginia 1957.
  • Baierlein M. u. a.: Anschauliche Analysis. Ehrenwirth-Verlag 1979.
  • Blum W. u. Kirsch A.: Zur Konzeption des Analysisunterrichts in Grundkursen. MU (1979), H. 3, S. 6- 24.
  • Griesel H.: Analysis I. Hannover 1968.
  • Lang S.: A first Course in Calculus. Amsterdam u. a. 1973.
  • Oehler H., FLADT K.: Lehr- und Übungsbuch der Analysis. Stuttgart 1927.
  • Pickert G.: Die Einführung des Stetigkeits- und Grenzwertbegriffs in der Schule. L'Enseignement Mathématique 8 (1962). Seite 303 - 310.
  • Reidt F., WOLFF G.: Die Elemente der Mathematik. Bd. II, Oberstufe. Berlin 1927.
  • Schröder H., Uchtmann H.: Einführung in die Mathematik. Analysis. Frankfurt u. a. 1972.

Anwendungen von Folgen im Mathematikunterricht

  • Keidel K., Lorbeer W.: Informatik-Themen im Grundkurs Mathematik S II. BSV, München 1988.
  • Kirsch A.: Vorschläge zur Behandlung von Wachstumsprozessen und Exponentialfunktionen im Mittelstufenunterricht. DdM 4 (1976), H. 4, S. 257 - 284.
  • Knechtel H.: Die Behandlung von Folgen unter Einsatz des graphikfähigen Taschenrechners - eine Unterrichtseinheit in Klasse 11. MU (1996), H. 6, S. 4 - 25.
  • Lergenmüller A.: Rekursionen. Ein anwendungsorientierter Einstieg in die Analysis. MU 34 (1988), H. 4, S. 43 - 67.

weitere Literatur zu Folgen

  • Baumann R.: Folgen, Grenzwert, Ableitung. Kurs im 11. Schuljahr. Inf. Math.unterr. 5 (1980). H. 2, S. 1 - 22.
  • Danckwerts R., Vogel D.: Wo gehören die Folgen hin?. MU 32 (1986). H. 2, S. 52 - 58.
  • Czech W.: Motivierende Aufgaben zum Unterrichtsthema "Folgen" . PM 23 (1981), S. 202 - 206
  • Fricker F.: Zur Begründung der Exponentialfunktion über Folgen. PM 23 (1981), S. 44 - 48.
  • Häberlein F.: Zahlenfolgen in Klasse 5. PM 19 (1977), S. 121 - 126.
  • Rüthing D.: Zur Einführung der Exponentialfunktion über Folgen I. PM 20 (1978), S. 199 - 204.
  • Rüthing D.: Zur Einführung der Exponentialfunktion über Folgen II.PM 21 (1979), S. 105 - 108.
  • Vogel A.: Differenzengleichungen im MU. DdM 12 (1984), H. 3, S. 165 - 184.
  • Beutelspacher A., Petri: Der Goldene Schnitt
  • Walser H.: Der Goldene Schnitt. Leipzig 1993.
  • Schmidt G.: Die Tennisballpyramide. MU (1997), H. 2, S 38ff.
  • Noll G.: Die Fibonacci-Folge. Altes neu entdecken mit dem TI-92. MU (1997), H. 2, S. 54 - 63.
  • Baumann R.: Comutergrafische Experimente mit Zahlenfolgen. PM 38 (1996), S. 86 - 89.

Quellen

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Hans-Georg Weigand: Online-Artikel zum Thema Folgen und ihre Didaktik. http://www.didaktik.mathematik.uni-wuerzburg.de/weigand/folgen/folgen.htm. (Version: 15.01.2013 13:30)
  2. Hans-Georg Weigand: Zur Didaktik des Folgenbegriffs. BI-Wiss.-Verlag. Mannheim; Leipzig; Wien; Zürich, 1993. S. 30


Der Beitrag kann wie folgt zitiert werden:
Madipedia (2013): Folgen. Version vom 28.04.2013. In: madipedia. URL: http://madipedia.de/index.php?title=Folgen&oldid=10339.