Das Interventionsverhalten von Studierenden mit divergierender prozessdiagnostischer Fähigkeit "Deuten"
Moritz Walz (2020): Das Interventionsverhalten von Studierenden mit divergierender prozessdiagnostischer Fähigkeit "Deuten". Dissertation, Universität Koblenz-Landau.
Betreut durch Jürgen Roth.
Begutachtet durch Jürgen Roth und Katja Lengnink.
Erhältlich unter https://kola.opus.hbz-nrw.de/frontdoor/index/index/docId/2132
Zusammenfassung
Eine zutreffende Diagnose über den aktuellen Kenntnisstand der jeweiligen Schülerinnen und Schüler ist notwendig, um adäquat in Gruppenarbeitsprozesse intervenieren zu können. Von diesem Zusammenhang wird in der Literatur weitgehend ausgegangen, jedoch gibt es bisher kaum empirische Studien, die diesen belegen. Die vorliegende Arbeit widmet sich schwerpunktmäßig dem Interventionsverhalten von Studierenden. Dabei wird die prozessdiagnostische Fähigkeit „Deuten“ zugrundegelegt, um unterschiedliches Interventionsverhalten auf diese Fähigkeit zurückführen zu können. Sowohl beim Aufbau diagnostischer Fähigkeiten als auch bei der (Weiter-)Entwicklung des eigenen Lehrerhandelns gilt Reflexion als hilfreich. Entsprechend wird auch das Zusammenspiel von Prozessdiagnose und Reflexionsverhalten sowie von Interventionsverhalten und Reflexionsverhalten untersucht. Für die Erhebung der prozessdiagnostischen Fähigkeit „Deuten“ wurden drei Videovignetten erstellt und in das Videodiagnosetool ViviAn eingebunden. Die Videovignetten zeigen jeweils vier Schülerinnen, die sich mit dem Thema „Terme“ beschäftigen. Im Rahmen eines Lehr-Lern-Labores wurden über vier Semester hinweg alle teilnehmenden Studierenden dazu angehalten, die Videovignetten zu bearbeiten. Ebenso konzipierten sie jeweils zu dritt eine Laborstation im Mathematik-Labor „Mathe ist mehr“ und erprobten diese mit einer Schulklasse. Dabei wurden die Interventionen der Studierenden in die Gruppenarbeitsprozesse der Schülerinnen und Schüler videographiert. Anschließend reflektierten die Studierenden in Kleingruppen über die Erprobungen und über die getätigten Interventionen. Die Reflexionsgespräche wurden ebenfalls videographiert. Es zeigt sich, dass die Studierenden, die sich zum Zeitpunkt der Erhebung im Masterstudium befanden, noch Entwicklungsspielraum in Bezug auf ihre prozessdiagnostische Fähigkeit „Deuten“ besitzen. Im Hinblick auf die Interventionen waren responsive Interventionen häufiger angemessen als invasive Interventionen, wobei responsive Internvetionen auch vergleichsweise häufiger dazu führten, dass mehr Schülerinnen und Schüler nach der Intervention aktiv waren. Studierende mit höherer prozessdiagnostischer Fähigkeit „Deuten“ intervenierten jedoch häufiger invasiv und tätigten dabei trotzdem angemessenere und aktivierendere Interventionen als ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen. Entsprechend scheint sich die prozessdiagnostische Fähigkeit „Deuten“ positiv auf die Interventionen der Studierenden auszuwirken und sollte daher bereits im Rahmen des (Lehramts-)Studiums verstärkt geschult werden.