Mathematikunterricht zwischen Konstruktion und Instruktion - Evaluation einer Lernwerkstatt im 11. Jahrgang mit integriertem Einsatz von Computeralgebra
Bärbel Barzel (2006): Mathematikunterricht zwischen Konstruktion und Instruktion - Evaluation einer Lernwerkstatt im 11. Jahrgang mit integriertem Einsatz von Computeralgebra. Dissertation, Universität Duisburg-Essen.
Begutachtet durch Lisa Hefendehl-Hebeker und Stephan Hußmann.
Erhältlich unter http://duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets/DocumentServlet?id=13537
Tag der mündlichen Prüfung: 02.06.2006.
Zusammenfassung
Die Erkenntnis, dass Lernen nur dann nachhaltig geschieht, wenn es ein selbstständiger und konstruktiver Prozess des Individuums ist, ist zwar vielfach wissenschaftlich gesichert, dennoch verändert sich Unterricht kaum. Frontalunterricht ist noch immer die vorrangige Unterrichtsform in Deutschland. Das Anstoßen individueller Lernprozesse wird als zeitraubend und unvereinbar mit den straffen Inhaltskatalogen des Curriculums empfunden. Dies gilt ebenso für die Forderung, Computeralgebra einzusetzen. Die drei Zielbereiche - Inhalt, Rechnereinsatz und selbstständiges Lernen werden als additive, voneinander unabhängige Anforderungen gesehen. Grundintention des Forschungsprojektes war es, aufzuzeigen, dass diese drei Aspekte keineswegs zu trennen sind, sondern als Trias eine realisierbare Einheit für Unterricht darstellen. Vor allem sollte exemplarisch verdeutlicht werden, dass diese Trias das Potenzial in sich trägt, inhalts- und prozessbezogene Ziele gleichermaßen zu erreichen. Dies war Kerngedanke bei Entwicklung und Evaluation der Lernwerkstatt zur Untersuchung ganzrationaler Funktionen mit integriertem Einsatz von Computeralgebra. Entsprechend der Vielschichtigkeit des Unterrichtsmaterials war das Forschungsdesign vielfältig gewählt – eine Vernetzung qualitativer und quantitativer Untersuchungen. Im empirisch-qualitativen Teil wurden Daten aus der Beobachtung eines Kurses ausgewertet. An Hand von Transkriptanalysen einzelner Sequenzen sowie vergleichender Analysen von Klausurlösungen wurde untersucht, welche kognitiven Tätigkeiten mit diesem Unterrichtsmaterial angeregt und gefördert werden. Grundlage des empirisch-quantitativen Teils war der Einsatz des Materials in 45 Kursen. Zur Auswertung kamen die Ergebnisse eines zentralen, vergleichenden Abschlusstests sowie die Rückmeldungen, die Lehrende wie Lernende an Hand von Abschlussfragebögen gegeben haben. Die Studie hat gezeigt, dass sich die inhaltlichen curricularen Vorgaben mit der Lernwerkstatt erzielen lassen, wobei nicht mehr Zeit erforderlich ist als bei einem klassischen Unterrichtsweg. Darüber hinaus werden bei der Lernwerkstatt eine Vielfalt kognitiver und metakognitiver Tätigkeiten angeregt und gefördert. Im Bereich der kognitiven Tätigkeiten sind vor allem zu nennen das Analysieren als Interpretieren und Strukturieren sowie das Reflektieren als Vergleichen, neu Durchdenken und Vernetzen. Die Schülerinnen und Schüler zeigen im Rahmen der Lernwerkstatt eine gute Graphen- und Termerkennung und können flexibler zwischen den Darstellungsarten Term, Graph und Sprache wechseln. Der Freiraum des selbstständigen Lernens führt dazu, dass Lernende selbst sichtbare Impulse zu weiteren Schritten im Begriffsbildungsprozess setzen. Die Möglichkeit des freien Gesprächs in der Gruppenarbeit wird von Schülerinnen und Schülern, insbesondere schwächeren, als wertvoll und hilfreich betont. Der Einsatz von Computeralgebra ist dabei sowohl für Lehrende wie Lernende ein wichtiges, unverzichtbares Element der Lernwerkstatt. Computeralgebra wird nicht nur genutzt zum Visualisieren und Berechnen, sondern vor allem auch zum Verifizieren bzw. Falsifizieren individueller Ideen. Als Beispielgenerator ist er wichtig bei Tätigkeiten des Strukturierens und Analysierens.
Schlagworte
Lernwerkstatt, neue Medien, Computeralgebra, offene Unterrichtsmethoden, konstruktivistisches Lernen, Mathematikunterricht, Funktionsuntersuchung, Kurvendiskussion, grafikfähige Taschenrechner, Wendepunkt