Medienpädagogik
Im bildungswissenschaftlichen Kontext ist zwischen Medien in der weiten Auffassung und Medien in der engen Auffassung zu unterscheiden (gemäß Gerhard Tulodziecki gehören zu den letztgenannten insbesondere „technische Medien“ [1]), wobei Medien in zwei grundsätzlich unterschiedlichen didaktischen Funktionen auftreten: in traditioneller Sicht über den methodisch begründeten Einsatz als „Unterrichtsmittel“, nun aber auch als „Unterrichtsinhalt“, also als Unterrichtsgegenstand. Das führt zur Medienpädagogik, nach Ludwig Issing [2] einer „übergeordneten Bezeichnung für alle pädagogisch orientierten Beschäftigungen mit Medien“, wobei Issing sich auf Medien in der engen Auffassung beschränkt. Er kennzeichnet u. a. folgende Teilbereiche der Medienpädagogik: Mediendidaktik, Medienkunde und Medienerziehung. Diese Bezeichnungen müssen aber zum Teil als nicht mehr treffend angesehen werden. So geht es bei der von Issing so genannten Mediendidaktik um methodische Aspekte des Unterrichts. „Methodik“ ist aber nach heutiger Auffassung als Teil der Didaktik (früher „Allgemeine Didaktik“) genannt anzusehen, so dass hier stattdessen „Medienmethodik“ die treffende Bezeichnung ist. Und da „Erziehung“ oft negativ konnotiert ist, es aber hier um eine „Reflexion“ der mit Medien in weiter Auffassung verbundenen Aspekte geht, wird hier die Bezeichnung „Medienreflexion“ gewählt.
Das führt – verkürzt dargestellt – zu folgender Kennzeichnung der Aufgaben der Medienpädagogik:
- Medienmethodik betrifft eine methodisch wirksame Verwendung von geeignet gestalteten Medien zur Erreichung von Unterrichtszielen – Medien als methodisch begründetes Unterrichtsmittel.
- Medienkunde betrifft u. a. die Vermittlung von Kenntnissen über Medien und (bei technischen Medien:) von Erfahrungen in der Bedienung und praktischen Handhabung von Medien – Medien als Unterrichtsinhalt.
- Medienreflexion soll zu einer reflektierten bzw. reflektierenden und kritischen Haltung gegenüber allgemeinbildungsrelevanten Medien und zu einem verantwortungsvollen Umgang mit ihnen anleiten.
Diese Trias der Teilbereiche der Medienpädagogik beschreibt drei wesentliche didaktische Aspekte von Medien und betrifft im Prinzip alle pädagogisch-didaktisch relevanten Medien in der weiten Auffassung, zunächst Medien in der engen Auffassung, also auch Bücher, und sie ist von besonderer Bedeutung für technische Medien und hier aktuell für Neue Medien. Zu dieser Trias gesellt sich als weitere Aspektgruppe eine Dyas, welche zwei didaktische Funktionen von Medien beschreibt:
- Dyas: Unterrichtsmittel und Unterrichtsinhalt (didaktische Funktionen von Medien)
- Trias: Medienmethodik, Medienkunde und Medienreflexion (didaktische Aspekte von Medien)
Die Dyas und die Trias bilden gemeinsam eine erste Säule für die Integrative Medienpädagogik, ihr Zusammenspiel wird durch die Perspektivenmatrix für Medien im Unterricht qualitativ visualisiert: [3] Es wird angedeutet, dass Medien z. B. unter medienmethodischem Aspekt primär in der methodischen Funktion als Unterrichtsmittel auftreten, sie dabei aber sekundär auch zum Unterrichtsinhalt werden können bzw. sollen. Unter medienkundlichem Aspekt treten Medien primär als Unterrichtsinhalt auf, zugleich verbunden mit einer ggf. praktischen Erkundung und damit einer marginalen Verwendung als Unterrichtsmittel. Unter medienreflektierendem Aspekt sind Medien primär Unterrichtsinhalt, und gleichwohl können sie dabei in adäquatem Umfang zum Unterrichtsmittel werden: [4]
- Bei den medienmethodischen Aspekten Neuer Medien geht es vorrangig um ihren fachdidaktisch begründeten Einsatz im Unterricht und damit um den Umgang mit ihnen. Hingegen werden die Neuen Medien nun sowohl unter medienkundlichen als auch unter medienreflektierenden Aspekten zum Unterrichtsinhalt, und sie dienen dabei der Aufklärung und der Vermittlung von Haltungen und Einstellungen. Damit wird zugleich klar, dass auch der Umgang mit den Neuen Medien und ihre Anwendung nicht nur medienmethodischen Zielen dienen, sondern dass entsprechende individuelle Erfahrungen eine geradezu unverzichtbare Voraussetzung dafür sind, dass sie zum Unterrichtsinhalt werden können, indem ihre Grundlagen und Grundstrukturen und ihre Bedeutung für Individuum und Gesellschaft erörtert werden. Da nun sowohl dieser Umgang mit den Neuen Medien als auch deren Thematisierung jeweils in Unterrichtsfächern erfolgt, liegt eine zweifache fachdidaktische Perspektive vor: Neue Medien in ihrer doppelten Rolle als Unterrichtsmittel und als Unterrichtsinhalt.
Literatur
- Hischer, Horst [2002]: Mathematikunterricht und Neue Medien. Hintergründe und Begründungen in fachdidaktischer und fachübergreifender Sicht. Hildesheim: Franzbecker, S. 192 ff. (3., durchgesehene und korrigierte Auflage 2005).
- — [2005]: Aliasing und Neue Medien — Ein Beitrag zur Integrativen Medienpädagogik. In: Kaune, Christa & Schwank, Inge & Sjuts, Johann (Hrsg.): Mathematikdidaktik im Wissenschaftsgefüge — Zum Verstehen und Unterrichten mathematischen Denkens. Festschrift für Elmar Cohors-Fresenborg. Osnabrück: Schriftenreihe des FMD, Nr. 40.1, 2005, 115–129.
- Hischer, Horst: Mathematik, Medien und Bildung. Mediaylitätsbewusstsein als Bildungsziel. (In Erscheinung)
- Als „Preprint Nr. 130“ in der Preprint-Reihe der Fachrichtung Mathematik der Universität des Saarlandes erschienen.
- Issing, Ludwig J. (Hrsg.) [1987]: Medienpädagogik im Informationszeitalter. Weinheim: Deutscher Studienverlag.
- Tulodziecki, Gerhard [1989]: Medienerziehung in Schule und Unterricht. Bad Heilbrunn (Obb.): Verlag Julius Klinkhardt.
Anmerkungen
Der Beitrag kann wie folgt zitiert werden: Horst Hischer (2015): Medienpädagogik. Version vom 12.11.2015. In: madipedia. URL: http://madipedia.de/index.php?title=Medienp%C3%A4dagogik&oldid=22713. |