Kompetenzentwicklung im Lehramtsstudiengang für das Fach Mathematik - exemplarisch aufgezeigt an der Fähigkeit, Aufgaben prozessbezogen zu konstruieren und zu analysieren

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Gabriele Grieshop (2010): Kompetenzentwicklung im Lehramtsstudiengang für das Fach Mathematik - exemplarisch aufgezeigt an der Fähigkeit, Aufgaben prozessbezogen zu konstruieren und zu analysieren. Dissertation, Universität Vechta.
Begutachtet durch Martin Winter und Felicitas Thiel.
Tag der mündlichen Prüfung: 8.2.2010.

Zusammenfassung

Im Verlauf der letzten zehn Jahre hat in der Lehrerausbildung ein Paradigmenwechsel stattgefunden: Weg von inhaltlichen Prüfungsanforderungen und stattdessen hin zu professionsgebundenen Kompetenzen und Standards, die beschreiben, was angehende Lehrkräfte am Ende ihrer Ausbildung alles wissen und können sollen (vgl. KMK 2008). Immer dann, wenn Standards definiert werden, stellt sich die Frage nach der Erfassung und Beurteilung der erworbenen Kompetenzen (vgl. Terhart 2002, S. 6).

Im Rahmen dieser Dissertation wird anhand eines exemplarisch ausgewählten Standards zum „Arbeiten mit Aufgaben“ (Bruder/Büchter/Leuders 2008, S. 21) aufgezeigt, wie Standards für eine empirische Erfassung „konkretisiert und handhabbar gemacht werden“ (Terhart 2002, S. 7).

Vier Leitgedanken prägen dabei den theoretischen Bezugsrahmen der Untersuchung: Kompetenzen als Ergebnis von Lernprozessen, eine fachlich gehaltvolle Unterrichts­gestaltung als ein wesentlicher Aspekt von Unterrichtsqualität im Mathematik­unterricht (vgl. Blum et al. 2006, S. 29, vgl. Helmke 2009, S. 234ff.), die Bedeutung kompetenzorientierter Aufgaben für solch eine Unterrichts­estaltung und in letzter Konsequenz das kompetenz­orientierte Arbeiten mit Aufgaben zur Planung fachlich gehaltvoller Lerngelegen­heiten.

Als Forschungsgegenstand kristallisiert sich die Fähigkeit, Aufgaben (gezielt) prozessbezogen zu konstruieren und zu analysieren, heraus. Es wird gezeigt, dass sich diese aus einem komplexen Zusammenspiel mehrerer Wissensfacetten ergibt. Mit Rückgriff auf die Studie COACTIV (Brunner et al. 2006)gelingt es, eine dieser Facetten – das „Wissen über das prozessbezogene Potenzial mathematischer Aufgaben“ – in einen metatheoretischen Rahmen professioneller Handlungskompetenz zu verankern und das mathematikdidaktische Wissen um eben diese Dimension zu ergänzen, so dass (unmittelbar) an die Forschung zum professionsbezogenen Lehrerwissen angeschlossen werden kann.

In der Hoffnung, einen Wirkungszusammenhang zwischen dem „Wissen über das prozessbezogene Potenzial von Mathematikaufgaben“ und der „Fähigkeit, Aufgaben prozessbezogen zu konstruieren (und analysieren)“ aufzeigen zu können, ist ein (nicht-standardisierter) Test mit vier offenen Testaufgaben entwickelt und im Sommer 2007 an der Hochschule Vechta durchgeführt worden (45 angehende Mathematik­lehrkräfte im abschließenden Mastersemester haben freiwillig teilgenommen). Neben 38 Aufgabenanalysen, lagen insgesamt 112 individuelle Aufgabenkonstruktionen mit dazugehörigen (schriftlichen) Erläuterungen zugrunde, die es systematisch zu beschreiben und differenziert zu verstehen galt.

Mit Hilfe des „Stufenmodell empirisch begründeter Typenbildung“ von Susann Kluge (1999) konnten drei typische Konzepte der Studierenden rekonstruiert werden, die die zielgerichtete Konstruktion prozessbezogener Aufgaben leiten. Während sich die einen eher von alltagstheoretischen als von fachlichen Gesichtspunkten leiten lassen (Typ „Intuitiv“) oder aber der geschärfte Blick durch die Kompetenzbrille fehlt (Typ „Unbewusst mit Potenzial“), zeichnet sich der Typ „Reflektiert“ dadurch aus, dass die Ebene des intuitiven Umgangs verlassen wird, sich das mathematikspezifische Spektrum der Kompetenzbereiche öffnet und somit bewusst kompetenzorientiert gearbeitet werden kann.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Untersuchung allerdings, dass vielen Studierenden das richtige Gespür für den Facettenreichtum der einzelnen Kompetenzbereiche fehlt. Das hindert sie daran, zielgerichtet geeignete prozessbezogene Aufgaben zu konstruieren, und verhindert es gleichermaßen, das Potenzial von Aufgaben zur Entwicklung und Förderung prozessbezogener Kompetenzen zu erkennen.

Anstelle eines Ausblicks wird das Konzept einer „Aufgabenwerkstatt“ als Lernformat für Studierende (auch kompatibel für die Lehrerfortbildung) vorgestellt, das den Aufbau der Fähigkeit, Aufgaben prozessbezogen zu konstruieren und zu analysieren, systematisch unterstützt.

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