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| • '''[http://de.wikipedia.org/wiki/Leonhard_Euler Leonhard Euler]''': Funktion als ''„freihändig gezeichnete Kurve“''<br /> | | • '''[http://de.wikipedia.org/wiki/Leonhard_Euler Leonhard Euler]''': Funktion als ''„freihändig gezeichnete Kurve“''<br /> |
| • '''[http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Heinrich_Lambert Johann Heinrich Lambert]''' und andere: ''graphische Darstellung empirischer Zusammenhänge''<br /> | | • '''[http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Heinrich_Lambert Johann Heinrich Lambert]''' und andere: ''graphische Darstellung empirischer Zusammenhänge''<br /> |
− | • '''[http://de.wikipedia.org/wiki/William_Playfair William Playfaire]''': „Lineare Arithmetik“ zur Darstellung empirischer Daten durch ''Balkendiagramme"" und ''Kreisdiagramme'' | + | • '''[http://de.wikipedia.org/wiki/William_Playfair William Playfaire]''': „Lineare Arithmetik“ zur Darstellung empirischer Daten durch ''Balkendiagramme'' und ''Kreisdiagramme'' |
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| | 19. Jh. || • '''[http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Fourier Joseph Fourier]''', '''[http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Gustav_Lejeune_Dirichlet Peter Gustav Lejeune Dirichlet]''' <ref>Aussprache: „Dirischle“ mit offenem „e“ wie in „Bett“, also: [http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_IPA-Zeichen diʀiˈʃleː] (nicht aber wie meist üblich „Dirikle“); Quelle: Meyers Konversationslexikon, 5. Band, Leipzig/Wien: Bibliographisches Institut, 1895, S. 27; siehe dazu auch die begründenden Erläuterungen in [Hischer 2012, 149 ff.].</ref>, '''[http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Dedekind Dedekind]''': Funktion (Abbildung) als ''eindeutige Zuordnung'' (nicht mehr notwendig termdefiniert)<br /> | | | 19. Jh. || • '''[http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Fourier Joseph Fourier]''', '''[http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Gustav_Lejeune_Dirichlet Peter Gustav Lejeune Dirichlet]''' <ref>Aussprache: „Dirischle“ mit offenem „e“ wie in „Bett“, also: [http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_IPA-Zeichen diʀiˈʃleː] (nicht aber wie meist üblich „Dirikle“); Quelle: Meyers Konversationslexikon, 5. Band, Leipzig/Wien: Bibliographisches Institut, 1895, S. 27; siehe dazu auch die begründenden Erläuterungen in [Hischer 2012, 149 ff.].</ref>, '''[http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Dedekind Dedekind]''': Funktion (Abbildung) als ''eindeutige Zuordnung'' (nicht mehr notwendig termdefiniert)<br /> |
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| • ... viele Gesichter von Funktionen ??? | | • ... viele Gesichter von Funktionen ??? |
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− | Während im 18. Jh. für Euler Funktionen noch entweder „analytische Ausdrücke“ (also „Terme“ im heutigen Verständnis) oder „freihändig gezeichnete Kurven“ waren, begegnen uns Funktionen im selben Jahrhundert (aus unserer heutigen Sicht) als graphisch oder tabellarisch dargestellte empirische Zusammenhänge, was im 19. Jh. über empirische Untersuchungen von Fourier bei ihm und Dirichlet zu einem „termfreien“ Funktionsbegriff führte: <ref>Felgner 2002, 624]</ref> | + | Während im 18. Jh. für Euler Funktionen noch entweder „analytische Ausdrücke“ (also „Terme“ im heutigen Verständnis) oder „freihändig gezeichnete Kurven“ waren, begegnen uns Funktionen im selben Jahrhundert (aus unserer heutigen Sicht) als graphisch oder tabellarisch dargestellte empirische Zusammenhänge, was im 19. Jh. über empirische Untersuchungen von Fourier bei ihm und Dirichlet zu einem „termfreien“ Funktionsbegriff führte: |
| :: Funktionen sind [...] bei Fourier und Dirichlet dem Begriffe nach eindeutige Zuordnungen. Im Begriff der Funktion ist die Definierbarkeit durch einen analytischen Ausdruck nicht eingeschlossen. Dieser Funktionsbegriff wird oft nur mit dem Namen Dirichlets in Verbindung gebracht, obwohl doch Fourier der eigentliche Urheber ist. | | :: Funktionen sind [...] bei Fourier und Dirichlet dem Begriffe nach eindeutige Zuordnungen. Im Begriff der Funktion ist die Definierbarkeit durch einen analytischen Ausdruck nicht eingeschlossen. Dieser Funktionsbegriff wird oft nur mit dem Namen Dirichlets in Verbindung gebracht, obwohl doch Fourier der eigentliche Urheber ist. |
− | :: [...] Funktionen im Sinne von Fourier und Dirichlet müssen weder differenzierbar noch stetig sein. | + | :: [...] Funktionen im Sinne von Fourier und Dirichlet müssen weder differenzierbar noch stetig sein.<ref>Felgner 2002, 624]</ref> |
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| Es ist zu beachten, dass damit Funktionen nicht mehr (wie bei Euler) einem „Bildungsgesetz“ gehorchen müssen, weil sie ''nicht mehr termdefinierbar'' sein müssen (was für empirische Funktionen der „Normalfall“ ist). | | Es ist zu beachten, dass damit Funktionen nicht mehr (wie bei Euler) einem „Bildungsgesetz“ gehorchen müssen, weil sie ''nicht mehr termdefinierbar'' sein müssen (was für empirische Funktionen der „Normalfall“ ist). |
| Auch Richard Dedekind fasst Funktionen als eindeutige Zuordnungen auf, verwendet aber die Bezeichnung „Abbildung“, wobei er aber noch einem „Gesetz“ spricht. <ref>Vgl. [Hischer 2012, 153]</ref><br /> | | Auch Richard Dedekind fasst Funktionen als eindeutige Zuordnungen auf, verwendet aber die Bezeichnung „Abbildung“, wobei er aber noch einem „Gesetz“ spricht. <ref>Vgl. [Hischer 2012, 153]</ref><br /> |
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| :: Auch diese Beschreibung des Funktionsbegriffes ist recht allgemein. Eine Gesetzmäßigkeit muss einer Tabelle nicht unbedingt zugrunde liegen. In die Spalte der Funktionswerte kann man ja nach Belieben Werte hineinschreiben. | | :: Auch diese Beschreibung des Funktionsbegriffes ist recht allgemein. Eine Gesetzmäßigkeit muss einer Tabelle nicht unbedingt zugrunde liegen. In die Spalte der Funktionswerte kann man ja nach Belieben Werte hineinschreiben. |
| Daran anschließend versuchen Peirce, Schröder und Peano erstmalig, ''Funktionen als Relationen'' und ''Relationen als Mengen geordneter Paare'' zu beschreiben, wobei sie „geordnetes Paar“ noch undefiniert verwenden.<br /> | | Daran anschließend versuchen Peirce, Schröder und Peano erstmalig, ''Funktionen als Relationen'' und ''Relationen als Mengen geordneter Paare'' zu beschreiben, wobei sie „geordnetes Paar“ noch undefiniert verwenden.<br /> |
− | Felix Hausdorff definiert 1914 erstmalig „geordnetes Paar“ auf mengentheoretischer Grundlage (wenn auch noch nicht so elegant wie 1921 [http://de.wikipedia.org/wiki/Kazimierz_Kuratowski Kazimierz Kuratowski]) und darauf aufbauend „Funktion“ als das, was wir heute ''„zweistellige, rechtseindeutige Relation“'' nennen: Damit wurde erstmalig der moderne Funktionsbegriff formal sauber definiert, basierend auf den Vorarbeiten vor allem der Mathematiker des 19. Jahrhunderts, wobei die vorherige Betrachtung und Einbeziehung empirischer Funktionen die Abkehr von der Forderung nach einem „Bildungsgesetz“ erzwungen hatte. | + | Felix Hausdorff definiert 1914 erstmalig „geordnetes Paar“ auf mengentheoretischer Grundlage (wenn auch noch nicht so elegant wie 1921 [http://de.wikipedia.org/wiki/Kazimierz_Kuratowski Kazimierz Kuratowski]) und darauf aufbauend „Funktion“ als das, was wir heute ''„binäre, rechtseindeutige Relation“'' nennen: Damit wurde erstmalig der moderne Funktionsbegriff formal sauber definiert, basierend auf den Vorarbeiten vor allem der Mathematiker des 19. Jahrhunderts, wobei die vorherige Betrachtung und Einbeziehung empirischer Funktionen die Abkehr von der Forderung nach einem „Bildungsgesetz“ erzwungen hatte. |
| ==Mengentheoretische Definition <small><small><ref>Vgl. hierzu die ausführlichen Betrachtungen in [Hischer 2012, Kapitel 5].</ref></small></small>== | | ==Mengentheoretische Definition <small><small><ref>Vgl. hierzu die ausführlichen Betrachtungen in [Hischer 2012, Kapitel 5].</ref></small></small>== |
− | Unter Bezug auf den mit „binäre [[Relation]]“ bezeichneten Begriff und gewisse zugehörige Eigenschaften lässt sich knapp definieren, wobei hier statt „binäre [[Relation]]“ kurz „[[Relation]]“ gesagt wird:<br /> | + | Unter Bezug auf den mit „binäre [[Relation]]“ bezeichneten Begriff sich „Funktion“ knapp und elegant definieren, wobei hier statt „binäre [[Relation]]“ kurz „[[Relation]]“ gesagt wird: <ref>Auch [Deiser 2010] definiert „Funktion“ als rechtseindeutige Relation.</ref><br /> |
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| Die Schreib- bzw. Sprechweisen „<math>f</math> ''ist eine Funktion''“ und „<math>f</math> ''ist eine rechtseindeutige Relation''“ sind also gemäß dieser Definition gleichbedeutend. Ihr liegt folgende Definition für (binäre) Relationen zugrunde: | | Die Schreib- bzw. Sprechweisen „<math>f</math> ''ist eine Funktion''“ und „<math>f</math> ''ist eine rechtseindeutige Relation''“ sind also gemäß dieser Definition gleichbedeutend. Ihr liegt folgende Definition für (binäre) Relationen zugrunde: |
| + | [[Datei:Funktion_als_rechtseindeutige_Relation.png|thumb|right|250px||„'''Funktion'''“ als rechtseindeutige Relation. <br /> |
| + | links: Relation ist nicht rechtseindeutig;<br /> |
| + | rechts: Relation ist rechtseindeutig.<br /> |
| + | Nur die Relation rechts ist auch linkseindeutig.]] |
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| == Literatur == | | == Literatur == |
| + | * Deiser, Oliver [2010]: ''Einführung in die Mengenlehre''. Berlin / Heidelberg: Springer (3., korrigierte Auflage; 1. Auflage 2000; 2., korrigierte und erheblich erweiterte Auflage 2004). |
| * Felgner, Ulrich [2002]: ''Der Begriff der Funktion.'' In: Felix Hausdorff – Gesammelte Werke Band II, Grundzüge der Mengenlehre. New York / Berlin / Heidelberg: Springer, S. 621–633. | | * Felgner, Ulrich [2002]: ''Der Begriff der Funktion.'' In: Felix Hausdorff – Gesammelte Werke Band II, Grundzüge der Mengenlehre. New York / Berlin / Heidelberg: Springer, S. 621–633. |
| * Herget, Wilfried & Malitte, Eva & Richter, Karin [2000]: ''Funktionen haben viele Gesichter – auch im Unterricht!'' In: Flade, Lothar & Herget, Wilfried (Hrsg.): Mathematik lehren und lernen nach TIMSS – Anregungen für die Sekundarschulen. Berlin: Verlag Volk und Wissen, 2000, 115–124. | | * Herget, Wilfried & Malitte, Eva & Richter, Karin [2000]: ''Funktionen haben viele Gesichter – auch im Unterricht!'' In: Flade, Lothar & Herget, Wilfried (Hrsg.): Mathematik lehren und lernen nach TIMSS – Anregungen für die Sekundarschulen. Berlin: Verlag Volk und Wissen, 2000, 115–124. |