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Eintragung einer betreuten und begutachteten Dissertation
<!-- Dissertationen grundsätzlich mit der folgenden Vorlage "diss" erstellen! -->
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{{diss
| name= Maria Kerschbaumer
| titel = {{Fachdidaktische Analysen zur mathematischen Strömung des Bourbakismus im Kontext gesellschaftspolitischer Strukturen}}
| hochschule=Universität Salzburg
| jahr = 2022
| typ =
| betreut = Fuchs Karl Josef
| begutachtet = Fuchs Karl Josef
| download =
| sprache =
| note =
| pruefungam =
| schulart =
| stufe =
| matheduc =
}}

== Zusammenfassung ==
Dem Außenstehenden mag es erstaunlich erscheinen, dass die mathematischen
Theorien, deren Aussagen doch von apodiktischer Gewissheit sind, einem Wandel
unterworfen sein sollen. (1)

Doch wie der deutsche Mathematik-Professor Heinrich Behnke in diesem Zitat
andeutet, ist die Mathematik einem ebenso großen Wandel unterzogen wie
andere Wissenschaften im 20. Jahrhundert.

Eine der letzten großen Entwicklungen in der Schulmathematik stellt die
Kompetenzorientierung und Standardisierung dar. Damit soll nicht nur der
Mathematikunterricht nachhaltiger gestaltet werden, sondern auch die
Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler messbar gemacht werden. (2)

Dazu gehört auch die standardisierte Reifeprüfung in Mathematik. In den sogenannten
Typ-2-Aufgaben wird der Schwerpunkt auf die Vernetzung von
Grundkompetenzen und die Anwendungsorientierung gelegt. Der
Mathematikdidaktiker Hans Humenberger geht davon aus, dass „die Diskussion
um Anwendungsorientierung im Mathematikunterricht“ (3) ein Resultat des „sehr stark
strukturorientierten New Math“ ist. (4), (5)
Diese Neue Mathematik, wie sie im deutschen
Sprachraum genannt wird, orientiert sich im Wesentlichen an den „abstrakten
Strukturen und Konzepte[n] der Mathematik“ (6), (7).
Ausgangspunkt für die Neue
Mathematik war die französische Gruppe Nikolas Bourbaki (8).
Die Frage, wer Nicolas Bourbaki ist, beschäftigte bereits seine Zeitgenossen und
soll am Beginn der Dissertation erörtert werden. Die Gruppe Nicolas Bourbaki
verfolgte zunächst das Ziel, ein einbändiges Werk über die Analysis zu
verfassen (9), welches nicht nur „ohne Hypothesen auskommen“ (10) sollte, sondern auch

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(1) Behnke, 1956, S. 7.
(2) Vgl. Leuders, 2011, S. 287.
(3) Humenberger, 1997, S. 3.
(4) Humenberger, 1997, S. 3.
(5) Vgl. Humenberger, 1997, 3-4.
(6) Leuders, 62011, S. 17.
(7) Vgl. Leuders, 62011, S. 17., und vgl. Vollrath/ Roth, 22012, S. 114.
(8) Vgl. . Leuders, Perspektiven, 18.
(9) Vgl. Mashaal, 2006, S. 4-5.
(10) Dressler, Bourbaki.
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„kein Begriff sollte undefiniert, kein Schritt unbewiesen bleiben“ (11). Ihr Vorsatz,
innerhalb eines Jahres damit fertig zu sein, ließ sich allerdings nicht umsetzen,
denn bis heute konnte das bereits über 7 000 Seiten umfassende Werk nicht
vollendet werden (12).
Die Gruppe revolutionierte die Mathematik dahingehend,
dass ihnen die Loslösung der Mathematik von den Anwendungsgebieten gelang
und sie die Mathematik als Lehre von Strukturen etablierten. Dabei waren nicht
nur mathematische Strenge, sondern auch logische Vorgehensweise besonders
wichtig. Außerdem wird besonders Wert auf die Begriffsdefinitionen und
bewiesene Erklärungen gelegt.
Ausgehend von dieser Art Mathematik zu betreiben, haben ich vier Hypothesen
erstellt, welche ich durch Literaturrecherche bzw. Vergleiche überprüft habe, um
anschließend Längsschnitte über die Entwicklungslinien zu erhalten.
Hypothese 1: Gesellschaftspolitische, philosophische und
mathematische Faktoren beeinflussten die Bedeutung des
Bourbakismus und der Schulmathematik stark.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gewann die Mathematik immer mehr an
Bedeutung. Erklären lässt sich dies durch die neuen Anwendungsgebiete wie
zum Beispiel der elektronischen Datenverarbeitung (13).
In den 1950er und 1960er Jahren erlebte die westliche Welt durch das
wirtschaftliche Wachstum, den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt
eine tiefgreifende Veränderung (14).
Des Weiteren intensivierte sich der Wettstreit
zwischen dem Westen und der Sowjetunion und nach dem Start der Sputnik
1957, hatten die westlichen Ländern das Gefühl im Bereich der Technologie der
UdSSR hinterherzufallen. Man kam zur Ansicht, dass ein fundiertes
mathematisches Wissen für alle Naturwissenschaftler notwendig war (15).
In Kapitel 3 soll daher geklärt werden, welche Faktoren aus Philosophie,

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(11) Dressler, Bourbaki.
(12) Vgl. Dressler, Bourbaki.
(13) Vgl. Kollosche, 2015, S. 56.
(14) Vgl. Mashaal, 2006, S. 183.
(15) Vgl. Kollosche, 2015, S.56 und vgl. Mashaal, Bourbaki, 183.
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Psychologie und der Mathematik selbst dazu beigetragen haben, dass sich der
Einfluss der Bourbakismus ausweiten konnte.
Die Hypothese soll mit Hilfe einer Literaturrecherche näher untersucht werden.
Dabei soll auch die Frage geklärt werden, welche weiteren Faktoren –
gesellschaftspolitischer, philosophischer und mathematischer Natur – den
Bourbakismus und die Schulmathematik beeinflusst haben. Martin Rathgeb,
Markus Helmerich, Ralf Krömer, Katja Lengnink und Gregor Nickel haben sich
dabei bereits unter anderem mit dieser befasst. In ihrem Buch Mathematik als
Prozess gehen sie dabei philosophische, historische und didaktische Perspektive
der Entwicklung der Mathematik ein.
Hypothese 2: Der Bourbakismus prägte die Entwicklung der
Fachdidaktik Mathematik in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
entscheidend und bis heute lässt sich sein Einfluss auf die
Schulmathematik feststellen.
In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts begann man die Schulmathematik zu
reformieren und wollte dabei auch die Ideen der Bourbaki-Gruppe einbringen.
Ziel war es, nicht nur das Studium der Mathematik auf der Grundlage von
„einfachen“ Strukturen zu etablieren, sondern das „Fundament schon in der Schule
zu legen“ (16), (17).
In Kapitel 4 soll daher geklärt werden, wie der Bourbakismus die
Schulmathematik und die fachdidaktischen Prinzipien bis heute beeinflusst hat.
Des Weiteren soll in der vorliegenden Dissertation analysiert werden, wie sich
die Neue Mathematik auf die weitere Entwicklung fachdidaktischer Prinzipien
ausgewirkt hat und warum sich die Strukturmathematik in der Schule nicht
durchsetzen konnte.
Dabei soll in der vorliegenden Dissertation analysiert werden, wie sich die Neue
Mathematik auf die weitere Entwicklung fachdidaktischer Prinzipien ausgewirkt
hat.

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(16) Meschkowski, 1973b, S. 117.
(17) Vgl. Meschkowski, 1973b, S. 117.
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Hypothese 3: Sowohl in der Mathematikdidaktik als auch in der
Geschichtsdidaktik spielte im 20. Jahrhundert die Struktur eine
wesentliche Rolle.
Hypothese 4: Außerdem lassen sich sowohl Gemeinsamkeiten als
auch Unterschiede in der jeweiligen Entwicklung der beiden
Fachdidaktiken feststellen.
Der Mathematiker, Physiker und Philosoph Knut Radbruch sieht in dem Begriff
Struktur einen „gemeinsamen Schlüsselbegriff“ (18), der sowohl in der Mathematik als
auch in Geschichtswissenschaft eine wesentliche Rolle spielt. Dabei befasst man
sich in der Mathematik vor allem mit algebraischen und topologischen
Strukturen, in der Geschichte sind politische und soziale Strukturen von
Bedeutung (19).
Ausgehend von der französischen Schule der Annales veränderte
sich die Historiographie von einer Ereignis- und Herrschergeschichte hin zu
einer sozialen Geschichte (20).
Die Geschichts-Didaktikerin Annette Kuhn sieht die
„Geschichte als Strukturgeschichte“ (21) als eine der Grundideen in der curricularen
Debatte in den 1970 Jahren.
Die Frage nach gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Strukturen
rückte also ins Zentrum (22).
Der Sozialhistoriker Jürgen Kocka weist allerdings
auch darauf hin, dass die Einführung der Strukturgeschichte sowie andere
Entwicklungen in der Geschichtswissenschaft zwar von Seiten der
Bundesrepublik Deutschland „als wünschenswert und fortschrittlich angesehen“ (23)
wurden, es aber durchaus auch Widerwillen und Bedenken gab (24)
Auch Bourbaki fasste die „Mathematik als Strukturwissenschaft“ (25) auf und
verfolgte bereits das Ziel die Mathematik als interdisziplinäre Wissenschaft zu
etablieren.(26)

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(18) Radbruch, 1989, S. 120.
(19) Vgl. Radbruch, 1989, S. 120.
(20) Vgl. Torp, 32014, S. 184.
(21) Kuhn, 1974, S. 12.
(22) Vgl. Torp, 32014, S. 184.
(23) Kocka, 1978, S. 14.
(24) Vgl. Kocka, 1978, S. 14.
(25) Basieux, 42011, S. 10-11.
(26) Vgl. Basieux, Architektur, Seite 10-11.
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Sowohl die fachdidaktische als auch die fachwissenschaftliche Forschung
behandelt dabei den Begriff der Struktur isoliert und geht dabei nicht auf
Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Wissenschaften ein. In dieser
Arbeit sollen dabei sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede und
deren Bedeutung für die Mathematikdidaktik und die Geschichtsdidaktik
erörtert werden. Untersuchungsgrundlage stellt dabei die gängige
fachdidaktische Literatur dar. Die Hypothesen 3 und 4 sollen mit Hilfe eines
Literaturvergleiches der gängigen Fachdidaktischen Literatur belegt werden.

Da es in der Literatur kaum aktuelle Arbeiten gibt, die sich mit den
Gemeinsamkeiten und Gegensätzen einerseits in der Position des Bourbakismus
und andererseits in der Betrachtung gesellschaftspolitischer Strukturen befassen,
soll die Dissertation dazu betragen diese Forschungslücke zu schließen. Des
Weiteren sollen dabei Erkenntnisse gewonnen werden, welche Faktoren sowohl
die Mathematikdidaktik als auch die Geschichtsdidaktik beeinflusst haben und
ob es Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten in der Entwicklung gibt.
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