Entwicklungen von Divisionsverständnissen bei Kindern in der Grundschule
Myriam Burtscher (2021): Entwicklungen von Divisionsverständnissen bei Kindern in der Grundschule Eine qualitative Längsschnittstudie. Dissertation, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.
Betreut durch Michael Gaidoschik.
Begutachtet durch Michael Gaidoschik und Marcus Nührenbörger.
Note: Sehr gut.
Tag der mündlichen Prüfung: 10.September 2021.
Zusammenfassung
Ein tragfähiges Verständnis der Division ist für die Schülerinnen und Schüler weit über die Grundschule hinaus von großer Bedeutung. Wie eine Bestandaufnahme der einschlägigen empirischen Forschung auf internationaler Ebene deutlich macht, erweist sich unter den vier Grundrechenarten die Division für Lernende als die größte Herausforderung. In der stoffdidaktischen Analyse zeigt sich, dass die Division auch deshalb schwierig ist, weil für einen verständigen Umgang mit ihr zwei unterschiedliche, in der traditionellen Rechendidaktik als Aufteilen (Messen) und Verteilen (Teilen) bezeichnete Grundvorstellungen entwickelt und dauerhaft abgesichert werden müssen.
In der fachdidaktischen Literatur gibt es kaum konkrete Hinweise zum Umgang mit diesen beiden Divisionsaspekten im Unterricht. Empirische Studien, welche die Entwicklung des Divisionsverständnisses über einen längeren Zeitraum beleuchten, sind kaum zu finden. Die vorliegende Forschungsarbeit untersucht Entwicklungsverläufe zum Verständnis der Division bei elf Grundschulkindern aus zwei verschiedenen Schulklassen über drei Schuljahre hinweg. Dazu wurde zunächst in Auseinandersetzung mit vorliegenden mathematisch-didaktischen Modellen zum Operationsverständnis ein eigenes Modell zum Erheben des Divisionsverständnisses entwickelt. Grundannahme dafür war, dass ein zeitgemäßer Mathematikunterricht das Ziel verfolgt, zum Verständniserwerb beizutragen, damit Kinder in ihrer Umwelt zunehmend autonom handlungsfähig werden.
Die Ergebnisse der Interviews zeigen, dass bei einigen der vier untersuchten Darstellungswechsel für die Kinder eine Reihe von Problemen und Schwierigkeiten auftraten, die insbesondere mit der Zwiegestalt der Division in Verbindung stehen. Am schwierigsten gestaltete sich für die elf Kinder der Darstellungswechsel, bei dem zu einem vorgegebenen Term eine passende Rechengeschichte erzählt werden sollte. Insbesondere dann, wenn Kinder ansetzten, Aufteil-Rechengeschichten zu erzählen, kam es zu Überlagerungen der beiden Divisionsaspekte. Am besten gelang den Kindern das Darstellen eines Divisionsterms mit Material. Hier erkannten die Kinder allerdings oftmals nur die Aufteil-Deutung als passend an.
In der Interpretation der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass mit beiden am Projekt beteiligten Lehrerinnen übereinstimmende Rahmenbedingungen für den Unterricht festgelegt wurden. In beiden Klassen wurde Divisionsaufgaben unter Zuhilfenahme von Materialien gelöst als auch das Rechengeschichten zur Division von den Kindern erfunden. Zudem war es beiden Lehrerinnen ein Anliegen, einen verständnisbasierten Mathematikunterricht zu gestalten. Überlagerungen der beiden Aspekte zeigten sich auch bei Darstellungswechseln, in denen die Kinder zu einem Bild eine passende Division notieren oder einen vorgegebenen Divisionsterm mit Material darstellen sollten. Bei Handlungen mit Material tendierten die Kinder zum Aufteilen, beim Erzählen von Rechengeschichten neigten sie zum Verteilen. Vor allem dann, wenn Kinder zu einer vorgenommenen Handlung oder einem vorgegebenen Bild eine Geschichte erzählten oder eine selbst erfundene Rechengeschichte mit Material darstellten, kam es zu Überlagerungen der beiden Divisionsaspekte. Auch wenn bei allen Kindern im Verlauf der Untersuchung Handlungsvorstellungen zu beiden Aspekten zu beobachten waren, so gab es doch kein Kind, das durchgängig beide Deutungsmöglichkeiten der Division als passend anerkannte. Allerdings konnten einige Kinder bei einzelnen Darstellungswechseln beide Handlungsvorstellungen beschreiben und nachvollziehen. In weiterführenden empirischen Studien könnte nun untersucht werden, welche konkreten Lernarrangements sich förderlich auf die Entwicklung eines tragfähigen Divisionsverständnisses auswirken, wenn dieses beide Interpretationsmöglichkeiten, also sowohl jene des Aufteilens als auch jene des Verteilens, umfassen soll.