Erziehung zum funktionalen Denken : zur Begriffsgeschichte eines didaktischen Prinzips

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Katja Krüger (1999): Erziehung zum funktionalen Denken : zur Begriffsgeschichte eines didaktischen Prinzips. Dissertation, Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Zusammenfassung

(zu Teilen aus der Einleitung)

Funktionales Denken hat bereits die Meraner Reformer um Felix Klein beschäftigt und ist seit den achtziger Jahren wieder Gegenstand mathematikdidaktischer Forschung und Diskussion. Das Verständnis des Begriffs „Funktionales Denken“ hat sich im Laufe der Zeit grundlegend verändert. Ein vielzitiertes Werk neuerer Forschung ist Vollraths Aufsatz „Funktionales Denken“ (1989), in dem „Funktionales Denken“ als Umgang mit Funktionen als Gegenständen beschrieben wird. Vollrath beschreibt drei zentrale Aspekte funktionalen Denkens: die Idee der eindeutigen Zuordnung, der systematischen Änderung und der Funktion als Objekt. Diese Sichtweise vernachlässigt jedoch den dynamischen Aspekt im gedanklichen Umgang mit Funktionen, welcher bei den Meraner Reformern von zentraler Bedeutung war.

In dieser Arbeit soll belegt werden, dass dynamische, kinematische oder bewegliche Sichtweisen ursprünglich als charakteristisch für das funktionale Denken im Sinne der Meraner Reformer galten, gewissermaßen als dessen wesenhaftes Element betrachtet werden. Des weiteren soll gezeigt werden, dass funktionales Denken im ursprünglichen Sinne mehr als ein fachliches Prinzip (Funktionenlehre und Infinitesimalrechnung) war, sondern auch psychologische und methodische Aspekte des Mathematiklernens sowie erzieherische, allgemeinbildende Funktion von Mathematikunterricht betraf. Die Meraner Forderung nach „Erziehung zu funktionalem Denken“ kann als ein umfassendes didaktischen Prinzips verstanden werden. Die Untersuchung der Begriffsgeschichte soll nicht nur zum Verständnis der damaligen Reformvorstellung beitragen, welche das heutige Schulsystem beeinflusst haben, sondern auch ein aktuelles didaktisches Interesse bedienen. Die modernen Möglichkeiten des Computereinsatzes stärken nämlich eine dynamische Sichtweise von Mathematik.

Zentrale Fragen der Arbeit lauten:

- Was verstanden die Meraner Reformer unter funktionalem Denken?

- Warum war das Ziel „Erziehung zum funktionalen Denken“ in breiten Kreisen damaliger Mathematiklehrer und Mathematiker konsensfähig?

- Welche Bedeutung hat funktionales Denken im ursprünglichen Verständnis der Meraner Reform für neuere mathematikdidaktische Entwicklungen?

Im zweiten Kapitel werden die gesellschaftlichen Bedingungen der Meraner Reform (1905) vorgestellt. Das dritte Kapitel gibt einen Einblick in den mathematikhistorischen Hintergrund zu geben und der Einfluss der damaligen mathematischen Entwicklungen auf die damalige Reformbewegung untersucht. Das vierte Kapitel informiert über die curriculare Vorgeschichte der Meraner Vorschläge, d.h. über Mathematikunterricht im 19. Jahrhundert und berücksichtigt dabei schul- und bildungshistorische Perspektiven berücksichtigt. Im fünften Kapitel werden Reformversuche des 19. Jahrhunderts, die einen Bezug zu funktionalem Denken aufweisen, vorgestellt. Das sechste Kapitel zeigt auf, welche Perspektiven zum Schlagwort „funktionales Denken“ von einzelnen Reformern vertreten wurden. Im siebten Kapitel wird der Meraner Lehrplan zunächst im Hinblick auf das Konzentrations- und Fusionsprinzip „funktionales Denken“ analysiert und die inhaltliche und methodische Ausgestaltung der Reformvorschläge diskutiert. Im achten Kapitel geht es um die Rezeption funktionalen Denkens in der neueren Mathematikdidaktik. Wie sich Nachwirkungen funktionalen Denkens im Sinne der Meraner Reform in aktuellen mathematikdidaktischen Prinzipien wiederfinden lassen, wird im neunten Kapitel aufgezeigt. Schließlich wird ein Fazit gezogen und das Scheitern der Meraner Reform kritisch diskutiert.

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Kontext

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